Jana Baumeister ~ Sopran

Die Sopranistin Jana Baumeister ist seit der Spielzeit 2014/15 festes Ensemblemitglied am Staatstheater Darmstadt und gestaltete hier bisher Partien wie PaminaSusannaMarzellineFüchslein Schlaukopf oder Gretel. In der Spielzeit 19/20 war sie dort erstmals als LiùMarzelline und erneut als Pamina zu hören. 20/21 debütiert Jana Baumeister als Pamina in Mozarts „Zauberflöte“ am Salzburger Landestheater.

Wir haben häufig zusammen in Darmstadt gearbeitet, wo Jana ihre erfolgreiche Karriere mit ihrer Leben als Mutter für ihre kleinen Kinder verbindet. Ich habe mit ihr darüber gesprochen, wie sie die Work-Life-Balance schafft, die meiner Meinung nach in der Opernwelt nicht genug diskutiert wird, und wie sich ihre Karriere in den letzten Jahren entwickelt hat.

Mit Sonja Bühling.

Für die englische Version, bitte hier klicken. Deutsche Version mit Sonja Bühling.

Foto: Martin Andersson

Alle Komponenten, die ein Leben ausmachen, kann die Stimme widerspiegeln, und das ist toll.

 

Welcher Song würde dich auf die Tanzfläche bringen?

 

Saturday Night Fever

 

Wer ist dein Lieblingskomponist?

 

Für Konzert oder Sinfonien Mendelssohn, ansonsten Mozart

 

Lieblingsrolle?

 

Von meinen bisher gesungen Partien: Pamina, Ännchen und Liu!  Und ich bin gespannt, was die nächsten Jahre noch für Lieblingsrollen für mich bereithalten.

 

Wenn du nicht an der Oper arbeiten würdest, welchen Beruf würdest du ausüben?

 

Auf jeden Fall würde ich singen! Aber tatsächlich darf ich meinen Traumberuf leben und darüber bin ich sehr glücklich!

 

Beschreibe dein Hot Toddy in drei Wörtern.

 

Er ist klar, rein und manchmal bitzelt es… mein Glas eisgekühltes Wasser!

 

Jana Baumeister als Fuchs in Füchslein Schlaukopf. Foto: Candy Welz

 

Wann hast du angefangen zu singen?

 

In der ersten Klasse, im Kinderchor. Ich war überglücklich, dass ich das machen konnte. Meine Chorleiterin hat immer gesagt, ‚du singst zu hoch, Jana!‘ Das war in meinem Heimatdorf-Kinderchor.

 

In der 7. Klasse habe ich angefangen im den Kinderchor des Mainfrankentheaters in Würzburg zu singen und als ich größer wurde dann im Extrachor. Die Oper hat mich schon sehr früh begeistert.

 

An welchem Punkt hast du dich entschieden, Gesang zu studieren und professionell zu machen?

 

Das ist so gewachsen. Ich habe mit 14 angefangen, Gesangsunterricht zu nehmen, und dann habe ich angefangen im Gottesdienst und bei Hochzeiten zu singen. Später kamen auch die ersten kleineren Konzerte.

 

Kurz vor dem Abitur war das Singen zu einer solchen Herzensangelegenheit geworden, dass ich mir keinen anderen Beruf mehr vorstellen konnte. Meine Eltern haben wohl etwas länger gebraucht, sich an meinen Berufswunsch zu gewöhnen. Aber sie haben mich immer unterstützt und mir geholfen meine Ziele zu verwirklichen.

 

Wie war die Brücke vom Studium zum professionellen Niveau?

 

Ich habe mein pädagogisches und künstlerisches Diplom in Nürnberg gemacht und habe dann gemerkt, dass ich unbedingt auf die Bühne will. Genau die richtige Vorbereitung hierfür war mein Masterstudium bei Hedwig Fassbender an der HfMdK in Frankfurt. Mein Traum war es nach meinem Masterabschluss an ein Theater zu kommen und dafür habe ich zwei Jahre „vollgas“ gegeben.

 

Bei einem Intendantenvorsingen an der Hochschule hat mich Karsten Wiegand gehört und mich daraufhin zu einem Vorsingen an das Staatstheater eingeladen.

 

Es war eine meine schönsten Vorsinge-Erfahrungen die ich machen durfte! Ich erinnere mich, dass ich sich auf der Bühne im Großen Haus direkt ein Gefühl von „Bühnen-zu-Hause“ eingestellt hat und nun ja, so ist es bis heute geblieben und darüber bin ich sehr glücklich und dankbar, dass ich nun schon meine sechste Spielzeit in diesem Haus gestalten kann.

 

Jana Baumeister singt im Finalkonzert des Bundeswettbewerbs Gesang mit Axel Kober und der Staatskapelle Berlin

 

2016 hast du den ersten Preis beim Bundeswettbewerb Gesang Berlin gewonnen. Würdest du empfehlen, an Wettbewerben teilzunehmen, und wie hat es dir geholfen?

 

Es gibt Wettebewerbstypen und eben jene, die es nicht sind. Ich gehöre wohl zu letzerer Kategorie. Aber es ist immer gut (mindestens einmal) aus seiner Komfortzone rauszukommen. Die Vorbereitung auf einen Wettbewerb ist anders und das schöne ist, du kannst ganz alleine entscheiden mit welchen Stücken du dich vorstellen kannst. Womit fühle ich mich wohl? Was kann ich alles zeigen? Und diese Vielfältigkeit ist das schöne. Wichtig ist ein harmonisches Wettbewerbsprogramm, das von dir erzählt, aber das auch außenwirksam ist. Und es ist einfach auch spannend, die anderen Sänger zu hören. Klar, es ist eine Konkurrenz Situation, aber man kann auch so unglaublich viel von den anderen Wettbewerbsteilnehmern lernen!

 

Durch den Wettbewerb habe ich viele schöne Konzertangebote erhalten, auch mit großen, bekannten Orchestern, das war toll! Und natürlich ist so ein erster Preis auch eine schöne Anerkennung meiner künstlerischen Leistung und bestärkt dich in deinem Weg.  

 

Du hast ein bisschen über deine Erfahrungen mit Vorsingen gesprochen. Wenn du könntest, würdest du den Ablauf bei Vorsingen ändern oder denkst du, es ist gut, wie es ist?

 

Wir arbeiten ja durchweg an Optimierungsstrategien, so ist es wohl auch in der Oper. Ein Vorsingen ist keine leichte Situation, da viele verschiedene „Bedürfnisse“ abgedeckt sein wollen.

 

Es ist sicherlich gut, ein Vorsingen immer auch als eine Übung für sich selbst zu sehen, sich als Künstler persönlich vorstellen zu können. Manchmal liegt die Entscheidung über den Ausgang an Faktoren, die man selbst nicht beeinflussen kann, aber dennoch kann man für sich selbst, sicherlich eine Erfahrung mitnehmen.

 

Eine sicherlich nicht unwichtige Rolle spielt ein guter Agent, der einem Sänger/eine Sängerin gezielt Vorsingen vermitteln kann.

 

Jana Baumeister als Pamina in Die Zauberflöte. Foto: Anna Maria Löffelnerger

Dieser Beruf ist in seiner bestimmten Exzentrik, die er mitbringt, toll. Das möchten wir ja auch…Aber es ist auch ganz gut, eine Portion Realismus zuhause zu bekommen, weil die erdet und nochmal einen Anker gibt.

 

Du hast eine junge Familie. Wie findest du es, Familie und Beruf mit deiner Stelle unter einen Hut zu bringen?

 

Herausfordernd, aber sehr schön! Für mich persönlich ist es gut, weil ich gerne im Festengagement bin. Ich habe gerne ein Theater-Zuhause und somit ist es aktuell für mich  die beste Möglichkeit meine Familie und meinen Beruf zu verbinden.

 

Ich liebe meinen Beruf, aber ich wollte auch schon immer Kinder haben, und das wusste ich. Das Tolle ist, dass es zwar anstrengend ist, aber man wächst auch über sich hinaus und merkt, dass man sehr viel schaffen kann. Zusätzlich ist es auch ein wahnsinniger Ausgleich. Wenn du mit deinem Kind auf dem Spielplatz bist, dann bist du mit dem Kind auf dem Spielplatz. Wenn du mit dem Kind Lego spielst oder ein Buch liest, dann machst du genau das, und nichts anderes. Das ist ganz toll, weil man auch wieder ganz viel Spieltrieb entdecken kann, der zwar im Beruf auch da ist, aber trotzdem ein bisschen im Alltag verloren geht. Kinder bringen einen ganz stark ins Hier und Jetzt, und das ist toll. Das ist eigentlich das Beste daran!

 

Von meinen Kindern kann ich viel lernen. Manches hat man beim „erwachsen“ werden einfach vergessen und kann es jetzt durch die Augen der Kinder neu betrachten und wiederentdecken. Und zum anderen sind Kinder immer direkt und bringen die Dinge direkt auf den Punkt. Was gefällt mir und was gefällt mir nicht. Das ist manchmal hart, aber es ist eben so. 

 

Ja, ich verstehe was du meinst! Im Theater arbeitet man mit Regisseuren mitunter sehr tiefgründig und eher philosophisch, wohingegen das Leben mit Kindern wahrscheinlich eher realistisch ist, oder?

 

Ja, das erdet gut. Dieser Beruf ist in seiner bestimmten Exzentrik, die er mitbringt, toll. Das möchten wir ja auch. Alles irgendwie nochmal erhöhen und noch tiefer gehen und es muss mehr Inhalt und Sinn dahinter sein. Das ist gut und spannend. Aber es ist auch ganz gut, eine Portion Realismus zuhause zu bekommen, weil die erdet und nochmal einen Anker gibt. Manches ist auch relativ.

 

Was würdest du ändern, um diese Familie/Arbeit-Balance einfacher zu machen?

 

Vielleicht würde ich gerne ein wenig an den Arbeitszeiten „schrauben“. Die Abendprobe ist bei uns am Theater von 18-22 Uhr, wenn ich mir eine Zeit wünschen dürfte, wäre es von 17-20 Uhr. Das habe ich bei Gastproduktionen schon so erlebt und fand es schön, nach der Probe noch ein wenig Zeit mit der Familie verbringen zu können. Auf der anderen Seite ist das schöne an den Arbeitszeiten, dass ich die Kinder am Nachmittag sehe und mit ihnen spielen kann.

 

Wichtig ist vor allem, dass der Partner das Modell auch mittragen möchte, weil es immer Zeiten gibt, wo mehr Mama gefragt ist, und andere Zeiten, wo mehr Papa gefragt ist. Das kann man nur gemeinsam stemmen, besonders in so einem Beruf. Man braucht eine gute Rückenstärkung vom Partner.

 

Ich hatte gerade ein Gastengagement am Salzburger Landestheater und wir sind als ganze Familie für fünf Wochen nach Salzburg. Das war das erste Mal. Mein Mann hatte zufälligerweise in dem Monat noch Elternzeit, und es war sehr schön, weil ich gearbeitet habe und er die Kinder hatte. Wir waren alle zusammen in Salzburg und hatten fünf Wochen lang eine neue Stadt, die wir erkunden konnten und in die Berge fahren konnten. Das hat den Kindern wahnsinnig gut getan. Sie waren nur zu zweit und haben viel miteinander gespielt. Sobald die Kinder in der Schule sind, können wir das nicht mehr machen. Das Reisen und andere Städte erleben ist natürlich ein Benefit, den genau dieser Job mitbringt, was andere nicht haben. Das sind besondere Erinnerungen die bleiben.

 

Welchen Rat würdest du anderen Sängern geben, die darüber nachdenken, eine Familie zu gründen?

 

Wenn du es willst, dann tue es. Der richtige Zeitpunkt wird nie kommen. Ich habe das erste Mal in der ersten Schwangerschaft lernen müssen, zu einer Produktion ‚nein‘ zu sagen, weil ich in diesem Zeitraum entbunden habe. Das konnte ich nicht verschieben. Und das war eine ganz neue Erfahrung, es war auch nicht leicht zu sagen, dass ich nicht kann, aber irgendwann kommt immer der Punkt, wo irgendwas aus irgendeinem Grund nicht klappt, und ich glaube, wenn man sich Familie wünscht und das Gefühl hat ‚jetzt ist der richtige Zeitpunkt‘, dann es ist der richtige Zeitpunkt. Du würdest es sonst immer bereuen, dass du es für irgendetwas verschoben hast. Es gibt ein paar Jahre, wo es Einschnitte mit sich bringt, aber es gibt viel mehr Gewinn.

 

Wir haben schon viel über die praktischen Dinge gesprochen, bringt neben dem Singen und der Kunst deine Familie noch eine neue Dimension in dein Leben?

 

Ja, ich finde schon. Dadurch, dass man mit Kindern die Welt von einer anderen Seite beleuchtet. Und es macht Spaß, das auszuprobieren. Und es macht auch Spaß, Texte wieder viel direkter zu lesen. Was ist genau die Textaussage? Und so gestalte ich das. Ich habe noch mehr Spielfreude bei der Textgestaltung gefunden. Und es ist auch so, dass die Musik noch mehr Raum bei mir einnimmt. Das ist meine Auszeit und das ist meine Möglichkeit, mich noch genauer auszudrücken, weil ich weiß, dass ich danach auch wieder Mama bin. Aber wenn ich singe, bin ich ‚ich‘. Das ist ganz toll, weil ich irgendwann nach dem ersten halben Jahr mit meinem Kind festgestellt habe, ‚wow, mich gibt’s ja auch noch‘. Ich bin jetzt Mama, aber mich gibt’s auch noch, und dieses Gefühl ist stark in der Musik enthalten. Es geht nicht verloren.

 

Jana Baumeister in „Büchners Frauen“ (UA) von Paul L. Schäffer / Lena Obst

Ich habe das erste Mal in der ersten Schwangerschaft lernen müssen, zu einer Produktion ‚nein‘ zu sagen, weil ich in diesem Zeitraum entbunden habe…Es gibt ein paar Jahre, wo es Einschnitte mit sich bringt, aber es gibt viel mehr Gewinn.

 

Was ist für dich das Wichtigste bei einem Auftritt auf der Bühne?

 

Dass ich eine gute Verbindung zu mir und dem Publikum habe. Natürlich auch zu den Kollegen und zum Pianisten oder Dirigenten und dem Orchester. Dass man gemeinsam musiziert und gemeinsam eine Botschaft vermittelt. Das ist auch etwas, was in der Corona-Zeit so deutlich wurde, warum Aufführungen live sein müssen, denn so eine Spannung überträgt sich nur live. Dieses Gefühl im Raum, wenn die Luft angespannt ist, wenn es knistert, wenn man weiß, dass man den Moment noch abwarten muss – das alles überträgt sich auch auf die Zuschauer und auf die Bühne. Diese unsichtbaren Spannungen machen den Beruf zu dem, was er ist. Und das geht nur durch ein Live-Erlebnis.

 

Was meinst du mit ‚Verbindung mit mir‘?

 

Dass ich bei mir bin. Dass ich mich spüre, dass ich meinen Atem spüre. Ich bin ja das Instrument, und ich muss sehr geerdet sein und sozusagen auf meinem Atem sein. Wenn zum Beispiel die Aufregung zu groß ist oder der Kopf zu stark übernimmt, dann ist die Verbindung nicht so ganz da. Und dann wiederum gibt es aber diese ganz besonderen Abende, wo es so richtig ausgewogen ist, ah! Wo man selber ganz überwältigt ist von der Innigkeit, mit der man musizieren kann, und danach sucht man immer wieder. Aber das geht nur richtig gut mit Publikum, das bekommt man in keiner Probe so hin. Man spürt es einfach, wie auf eine Geschichte reagiert wird, wie man da zuhören kann – sowohl beim Miteinander auf der Bühne, aber auch mit dem Publikum.

 

Wie möchtest du dich, deine Stimme und Karriere in der Zukunft entwickeln?

 

Tatsächlich ist es so – ich bin jetzt 33 geworden – und jetzt kommt der erste kleine ‚Fachwechsel‘. Ich habe immer das leichte lyrische Fach gesungen und mit der Liu („Turandot“) kam eigentlich der Wechsel. Ich merkte nach dem ersten Kind, dass die Stimme mehr Platz im Körper bekommen hat. Es hat sich viel im Körper getan, sodass man dem Platz und Raum geben kann. Die Stimme nimmt dies an und dann war es mit Liu ein richtiger Türöffner, wo ich dachte: ‚wow, okay.‘ Und dann kam die zweite Schwangerschaft, und das hat sich jetzt so gefestigt, dass ich mich da wohl fühle – deswegen kann ich jetzt eine Donna Anna („Don Giovanni“) singen. Das hätte ich vor drei Jahren nicht machen können. Es ist einfach so gereift und das ist toll, denn jetzt kommt Donna Anna, evtl. bald Agathe („Freischütz“) oder die Gräfin („Le nozze di Figaro“) etc. Micaëla (Carmen) wäre noch toll auszuprobieren, und dann wären irgendwann kleine Wagnersachen auch toll, wenn die noch kommen würden, so zum Schnuppern. Aber eins nach dem anderen!

 

Wie war dieses Gefühl, mehr Raum zu finden? Für mich werden meine Hände hoffentlich immer mehr oder weniger das Gleiche bleiben, aber es muss wahnsinnig sein, dein Instrument neu zu entdecken?!

 

Es war ganz komisch. Zum damaligen Zeitpunkt habe ich Pamina gesungen und gemerkt, dass es irgendwie leichter geht als vorher. Und ich fragte mich: wo ist denn meine Stimme, das fühlt sich so anders an! Ich habe dann mit meiner Lehrerin gesprochen und sie hat gesagt: `ja, du hast jetzt mehr Raum.´ Und dann haben wir einfach nur mit dem Körper gearbeitet und auf einmal merkte ich wieder ‚ah – okay, hier muss sie sitzen.‘ Das ist aber ganz toll, weil das Besondere am Instrument Stimme ist ja, dass es lebendig ist und sich so verändert wie dein Körper über die Jahre. Es ist also Fluch und Segen zugleich. Denn du hast immer die Aufgabe, sie zu behüten und zu schauen, dass es der Stimme gut geht. Und sie wächst ja auch mit, und das ist toll, weil sie auch mit deiner Persönlichkeit mitreist. Alle Komponenten, die ein Leben ausmachen, kann die Stimme widerspiegeln, und das ist toll.

 

Ich glaube, es ist wichtig, immer einen Anspruch an sich selbst zu haben, weil am Ende tatsächlich die Reaktionen entsprechend sind.

 

Du bist ein Sopran und das kann schwierig sein. Wie bist du mit der Konkurrenz als Sopran umgegangen?

 

Ich habe immer mehr versucht, die positiven Seiten daran zu sehen. Irgendwer kann immer etwas besonders gut, und davon kann man immer etwas lernen. So habe ich das versucht zu sehen. Und das Nächste ist auch: wir sind alle verschieden. Es gibt sehr viele Soprane, aber sie sind trotzdem auch alle verschieden und ich glaube, das Wichtigste ist, dass man sich treu bleibt, weil wenn du dir treu bleibst und wenn du deine Besonderheit hervorheben kannst, dann ist es überzeugend. Hedwig Fassbender hat immer gesagt, `ja, es gibt viele, aber dich gibt’s nur einmal.´ Und am Ende des Tages ist es auch oft Geschmacksache, was, wie, wer gesucht wird.

 

Aber Qualität wird sich durchsetzen. Das ist so. Und vielleicht klappt es das eine Mal nicht, aber dafür das andere Mal dann. Man muss auch positiv bleiben. Es hält sich doch ganz gut die Waage. Manchmal vergisst man das in einem Moment, wenn mal etwas nicht klappt. Und wenn man wahnsinnig traurig und enttäuscht ist, dann hilft es auch nochmal, die Vita zu checken und zu merken ‚du hast auch schon was gemacht‘, um sich da nicht zu sehr zu verlieren. Mit der Konkurrenz ist es so: sie ist da, aber man kann daraus auch etwas Positives ziehen und vielleicht auch etwas lernen. Mit dem Alter kommt da auch mehr Gelassenheit.

 

Ich weiß noch, als ich in Darmstadt angefangen habe, war ich bei jeder Probe aufgeregt. Alles ist neu, spannend. Man hat auch viele Fragen, wie: Wie macht es die Stimme mit, wenn man jeden Tag 8 Stunden Probe hat, wie markiert man richtig, wie teilt man sich die Kräfte ein? Das sind alles Dinge, die man mit der Zeit lernt, und das geht nur ‚Learning by doing‘. Letztendlich kann man sich nichts anderes vorstellen und die Prämisse, die ich mir setze, ist, dass ich immer mit dem, was ich leiste, fine bin, sprich, dass ich wirklich mein Bestes gebe.

 

Ich bin generell ein sehr kritischer Mensch, auch mit mir, vielleicht auch manchmal ein bisschen zu kritisch, aber das brauche ich, damit ich sagen kann, ich möchte immer weiterkommen. Ich möchte nach jeder Produktion sagen können: ich habe die Rolle erarbeitet, ich habe etwas Neues gelernt und ich bin daran gewachsen. Das ist die Prämisse und wie dann am Ende beurteilt wird, da steck ich nicht drin. Aber ich glaube, es ist wichtig, immer einen Anspruch an sich selbst zu haben, weil am Ende tatsächlich die Reaktionen entsprechend sind.

 

Was brauchst du als Sängerin von einem Regisseur?

 

Vertrauen. Vertrauen ist sehr wichtig, und dann noch einen guten Austausch. Vertrauen daran, dass der Sänger auch gewillt ist einzusteigen. Auch der Sänger braucht Zeit, es gibt viele Dinge zu bedenken, weil man eben irgendwie auch noch singen muss. Das Ganze heißt Musiktheater und da ist einfach die Musik vorangestellt, sprich: die nimmt den größten Raum ein und ich glaube, man braucht Vertrauen darin, dass man sich im Probenprozess noch entwickeln darf und dass da ein Austausch wahnsinnig wichtig ist. Der Regisseur kann von außen schauen und kann dann gut eine Rückmeldung geben. Wenn das funktioniert kann der Sänger die Rolle füllen und diese glaubhaft vermitteln.

 

Und von einem Dirigenten?

 

Da finde ich das Wichtigste, dass ein Dirigent mit einem Sänger atmen möchte. Das ist das Schönste. Wenn man merkt, der Dirigent singt sozusagen für sich mit oder atmet mit, dann kann man richtig frei singen. Das ist das größte Geschenk, weil man dann miteinander musiziert und nicht viel reden muss. Wenn man auf einen Atemfluss kommt…. Wow!

 

Beim Probenprozess wünsche ich mir vom Dirigenten eine respektvolle Zusammenarbeit, dass man beide Seiten hören möchte. Und dass man auf den Sänger als Individuum in gewisser Weise eingeht, weil jede Stimme etwas anderes mitbringt. Das ist keine Frage von schnell oder langsam im Tempo, aber es ist manchmal ein My, das den Sänger noch mehr strahlen lässt als zum Beispiel die andere Doppelbesetzung, für die das andere Tempo besser ist.

 

Man kann den gleichen Effekt erzielen und für jeden aber viel zufriedenstellender, weil man gemeinsam etwas macht. Und tatsächlich wünsche mir auch von einem Dirigenten, gefordert zu werden. Dass man richtig musikalisch arbeitet und eine klare Vision zur Premiere verfolgt und nicht aufhört, in einem guten Austausch zu stehen. Das sehe ich als großes Privileg der Opernproduktion gegenüber einer Konzertproduktion an. Man hat sechs Wochen Zeit, um richtig zusammenzuwachsen und dass am Ende eine Wahnsinns-Produktion herauskommt, wo jeder am Ende weiß, an welchem Strang er ziehen soll.

 

Ich glaube, dass die Kulturform an sich bestehen bleibt, weil Musik einfach andere Emotionen auslösen kann als irgendetwas anderes.

Wie sieht die Zukunft der Oper aus? Muss sie ändern oder denkst du, dass sie bleibt, wie sie ist?

 

Corona hat uns viel gelehrt, aber ich glaube nicht, dass die Oper verschwinden wird. Sie wird sich mit Sicherheit immer wieder verändern, so wie es schon Zeiten gab, wo die Musik ganz alleine die Opern beherrscht hat. Jetzt sind wir im Zeitalter des Musiktheaters, was ich sehr schätze, weil einfach die Geschichte noch mehr durchdrungen wird und wichtiger wird, was ich sehr mag.

 

Ich finde auch super, wenn man als Figur eine gute Idee bekommt und man eine Entwicklung am Abend durchlebt, was nur das Regietheater mitgebracht hat. Da ist bestimmt etwas möglich, dass sich da wieder etwas ändern wird und dass vielleicht auch noch mehr zeitgenössische Musik kommen wird, die singbar bleibt. Aber ich glaube, dass die Kulturform an sich bestehen bleibt, weil Musik einfach andere Emotionen auslösen kann als irgendetwas anderes. Das ist eine Besonderheit der Musik und deshalb wird sie immer Bestand haben, weil sie immer Emotionen trifft ohne Worte. Das ist das Starke daran.

 

Sie können mehr über Jana, einschließlich ihrer kommenden Auftritte, auf ihrer Website hier erfahren. 

 

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